Predigt von Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki im Internationalen Soldatengottesdienst am 19. Januar 2017 im Hohen Dom zu Köln
|
Strukturelemente |
Liebe Schwestern, liebe Brüder,
|
Anrede |
niemand von uns weiß, was das gerade neu angebrochene Jahr uns bringen wird. Niemand von uns weiß, wie sich die politischen Verhältnisse in unserem Land, wie sie sich in Europa und dann auch natürlich in der ganzen Welt verändern werden. Hoffentlich zum Besseren, hoffentlich nicht zum Schlechteren.
|
Angst machen, oder bereits vorhandene Ängste aufgreifen |
Zum Schlechteren werden Verhältnisse immer dort, wo die Stärken auf Kosten der Schwachen agieren, wo die Stärkeren auf Kosten der Schwächeren leben. Wo nationalistische Tendenzen universalen Ideen der Völkerverständigung entgegenstehen. Je mehr Nationalismus unsere politisch Verantwortlichen leitet, umso gefährdeter ist der Frieden für alle. Als Kirche Jesu Christi ist daher immer der Friede das Ziel, nie der Krieg, auch nicht ein sogenannter gerechter Krieg. Die Kirche fordert deshalb nachdrücklich Gewaltanwendung aus der internationalen Politik zu verbannen und zu ächten. |
Gemeinsame Werte und Überzeugungen betonen. Es muss modern und weltoffen klingen. |
Trotzdem ist der Dienst der Soldatinnen und Soldaten unverzichtbar. Und er ist auch ethisch gerechtfertigt, denn auch eine Politik, die sich am Prinzip der Gewaltfreiheit ausrichtet, kann in Situationen geraten, in denen die Anwendung militärischer Gewalt als das kleinere Übel ethisch geboten sein kann. Die Anwendung militärischer Gewalt kann in einem solchen Fall z.B. Solidaritätspflicht bedeuten gegenüber den Verbündeten und den von Gewalt Bedrohten und Angegriffenen. Einander beizustehen ist ein hohes Gut und andere und sich selbst gegenüber den illegitimen Interessen Gewalttätiger zu schützen, das ist hier ein wichtiges Ziel. |
Das 08 15- Routine- Argument: Unsere Verantwortung bei einem drohendem Genozid. Darum geht es "leider" manchmal nicht ohne militärische Gewalt. Außerdem haben wir Bündnis-Verpflichtungen. |
Immer aber gilt unser Beten der Hoffnung, dass ein solcher Einsatz gar nicht erst nötig wird, auch wenn die Realität, in der wir leben, oftmals leider eine andere ist. |
Wie auch die Bundeswehr betont der Kardinal, woie eichtig die Prävention ist. |
Dass Frieden mehr ist als die Abwesenheit von Krieg, das wissen wir alle. Der Frieden, den uns die biblischen Schriften verheißen und den das hebräische Wort Schalom bezeichnet, bedeutet ein Leben in Freiheit, ein Leben in Gerechtigkeit, ein Leben in Sicherheit, ein Wohnen in friedlichen Auen, in sicheren Wohnungen, in stolzer Ruhe, wie das einmal der Prophet Jesaja im Alten Testament gesagt hat. Ein solcher Friede verwirklicht sich im Zusammenleben der Menschen nicht von selbst, nicht von selbst etwa aufgrund unseres natürlichen Gutseins, sondern ein solcher Friede rührt im Letzten aus Gottes heiligem Geist und folgt dem Maßstab seines Rechts. Ein solcher Friede bedarf der Umkehr von unzähligen Gewohnheiten unseres täglichen Lebens. Er ist auch hier und heute in unserem Leben nicht einfach da nur weil nicht in einem erklärten Kriegszustand leben. Ein solches Verständnis von Frieden fragt nach den Zusammenhängen von Ungerechtigkeiten auch in unserem Lebensstil. Die Gemeinschaft mit Gott, die der Begriff Frieden theologisch umschreibt, ist ohne wirkliche Gemeinschaft unter den Menschen nicht zu haben. Und diese Gemeinschaft unter den Menschen meint nicht nur unsere jeweiligen Familien, das meint nicht nur die Menschen, mit denen wir in Nachbarschaft im Haus gegenüber oder am Arbeitsplatz zusammenleben. Bereits im Jahr 1983 haben die deutschen Bischöfe das Wort "Gerechtigkeit schafft Frieden" veröffentlicht. Dort heißt es "Friede des Menschen mit Gott, Friede des Menschen mit sich im eigenen Herzen, Friede der Menschen untereinander gehören zusammen." Das war in Zeiten, als der Ost-West-Konflikt, der gegenwärtig irgendwie zumindest emotional gefühlt womöglich wieder aufzubrechen droht, das war in Zeiten damals, als der Ost-West-Konflikt und die nukleare Bedrohung das Ende der Welt durchaus in den Bereich des Möglichen gebracht haben. Dementsprechend stark waren damals die Friedensbewegung und die Auseinandersetzungen um den Frieden. |
Wölki möchte seinen Hörern zeigen, dass er auf dem aktuellen Stand der christlichen Friedens-Theologie ist. Es geht um einen ganzheitlichen Frieden: Frieden mit Gott, Frieden mit dem Nächsten, Frieden in den wirtschaftlichen Beziehungen... |
Aber die Zeiten haben sich geändert, ganz neue Formen der Bedrohung und der Barbarei fordern uns seit dem Aufflackern ethnischer Konflikte in Europa und dann später weltweit heraus, und der Terror als Form der Kriegsführung gegen zivile Opfer wird zu neuen Auseinandersetzungen um die Frage führen, wie ein gerechter Friede zu schaffen sei und welche Rolle Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr dabei haben, um das Leben, um den Frieden, der uns so wichtig ist, zu verteidigen. |
Nochmals: Angst machen. Und militärische Gewalt als leider manchmal doch nötig hinstellen. |
Dabei wissen Christen, dass der Friede des Menschen mit Gott im eigenen Herzen und mit dem Nächsten zusammengehören und unser Nächster in einem Zeitalter der Globalisierung ist auch derjenige, der in einem anderen Kontinent unter erbärmlichen Umständen die Kleider näht, die wir auf der Haut tragen oder das Kind, das auf den Müllbergen der Millionenstädte auf der Südhalbkugel die hochgiftigen Reste meines Mobiltelefons sammelt, um sie zu Geld zu machen. Es sind auch die Menschen, die weltweit vor Waffengewalt auf der Flucht sind, die unser Land durch den Export von Kriegsgütern mit verbreitet. Weit weg, das ist bisweilen näher als man denkt. Nächstenliebe wird sich in einer globalisierten Welt mehr und mehr auch daran zeigen, wie wir hier vor Ort bei uns in unserem Land und in Europa - in diesem wohlhabenden Kontinent - wirtschaften und konsumieren. Der Dienst des Friedens, das muss deshalb unser aller gemeinsamer Dienst sein, an all den unterschiedlichen Stellen, wo ein jeder von uns lebt und arbeitet. Aber immer im Vertrauen auf Gottes Güte und im Vertrauen auf einen Frieden, der um so vieles reicher und voller ist als unsere begrenzten Vorstellungen. |
Der ganzheitliche Frieden ... siehe oben. |
Es ist dieser Friede, der von Jesus ausgeht und die Menschen zu allen Zeiten angezogen hat. Dieser Frieden, von dem sie zu allen Zeiten das Heil erwartet haben und mit dem sie die Hoffnung verbinden, von ihren Besessenheiten erlöst zu werden. Von der Besessenheit unserer Allmachtsphantasien, von der Besessenheit und dem Glauben, dass im Letzten durch Waffengewalt letzte Lösungen herbeigeführt werden können oder eine gerechtere Welt geschaffen werden könnte. Wir wollen darum bitten, dass die Menschheit von diesen Besessenheiten heute mehr denn je geheilt werden möge. |
Wölki baut Erkenntnisse der Friedensbewegung ein: "Krieg ist keine Lösung." Wer den Gegner überzeugen möchte, muss seine Argumente aufgreifen. |
Amen. |
|
|
|