Zwar ist der sprachliche Duktus wie gewohnt kirchlich-friedlich. Man spricht oft von Frieden, Frieden und nochmals Frieden. Aber am Ende findet man kein klares Nein zu Atomwaffen [Seiten 15 und 114], kein klares Nein zur Wehrpflicht [Seite 128] und kein klares Nein zur Aufrüstung [Seite 77].
Die Denkschrift nutzt oft den Zauberstab „rechtserhaltender Gewalt“. MAn fragt sich: Wie kann man die rechtserhaltende Gewalt von Jesus Christus her, von seinen Worten und Taten her – und vor allem von seinem Friedensgeist her – rechtfertigen?
Als Mitglied einer evangelischen Landeskirche schäme ich mich für diese EKD-Schrift. Niemand braucht eine Denkschrift, die den Schulterschluss mit der aktuell allgegenwärtigen Aufrüstungspolitik (Hofreiter, Nouripour, Kiesewetter) vollzieht.
Selbst teilgenommen habe ich an der „3. Konsultation der EKD-Friedenswerkstatt“ (20. bis 21. Februar 2024 in Bad Boll). Übergroß an der Leinwand war ein Offizier zugeschaltet. Die Bundeswehr – vor allem die Abteilung Seelsorge – hat heftig an der Denkschrift mitgearbeitet. Und so fehlt auch das "Dilemma" - ein Lieblingswort der Militärseelsorge - nicht. Es steht elfmal im Text. Der Begriff „Dilemma“ klingt zwar nach Bildung. Man nutzt das Wort „Dilemma“ in der Bundeswehr und in kirchlichen Kreisen aber fast ausschließlich, um den Einsatz militärischer Mittel zu rechtfertigen. An welcher Stelle hat Jesus Christus eigentlich das Dilemma gelehrt oder gelebt? Schon damals in Bad Boll hat man die Stimmen der wenigen Vertreter*innen der Friedensbewegung überhört und nicht ernst genommen.
Anstatt dieser Denkschrift hätte ich mir eine SCHULDERKLÄRUNG gewünscht, in der die EKD offen bekennt: „Als wir den Afghanistaneinsatz unterstützt haben, sind wir in die Irre gegangen. Und als wir den Malieinsatz unterstützt haben, sind wir in die Irre gegangen. Als wir im Stellvertreterkrieg in der Ukraine auf Waffengewalt gesetzt haben, sind wir in die Irre gegangen. Als wir in den vergangenen Jahrhunderten immer wieder gemeinsame Sache mit der Staatmacht und dem Militär gemacht haben, sind wir in die Irre gegangen. Wir kehren um und unterstützen ab sofort nur noch diplomatische und andere aktiv-gewaltfreie Methoden.“ Ungefähr so könnte das „EKD-Schuldbekenntnis 2025“
Seit der Konstantinischen Wende arbeiten Thron und Altar, Militär und Kirche zusammen. Die neue EKD-Kriegstüchtigkeits-Denkschrift ist eine traurige Fortsetzung dieser Tradition. Warum orientiert sich dann die neue EKD-Denkschrift zu 100% am Zeitgeist (an der militärpolitischen Zeitenwende), aber zu wirklich null Prozent an Jesus Christus?
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Kriegsdienst ist Nächstenliebe
Die EKD verabschiedet sich aus dem friedensethischen Diskurs
Uwe-Karsten Plisch
Rezension zu "Welt in Unordnung – Gerechter Friede im Blick | Evangelische Friedensethik angesichts neuer Herausforderungen | Eine Denkschrift des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland" Herausgegeben von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Leipzig, Evangelische Verlagsanstalt, 2025
Durch Hannover geht ein Beben. Der Rat der EKD hat, huch, festgestellt: (Die) Welt (ist) in Unordnung. Nämlich seit nur 1.000 km östlich von uns Russlands Krieg gegen die Ukraine tobt. Als Bush und Obama auch von Deutschland aus gesteuert ihren Drohnenkrieg führten, um gezielt (und manchmal auch eher ungezielt) Menschen zu töten, war die Welt offenbar noch in Ordnung, oder jedenfalls nicht so in Unordnung, dass es die EKD merklich gestört hätte. Ebenso, als sich Deutschland am völkerrechtlich mindestens bedenklichen Kosovo-„Einsatz“ beteiligte (Kriege führen auch in dieser Denkschrift immer nur die anderen) oder die „Koalition der Willigen“ den Irak ins Chaos bombte, von den vielen, oft auch nach eigenen Maßstäben bemerkenswert erfolglosen, Auslands-„Einsätzen“ der Bundeswehr ganz zu schweigen. Kaum, dass die auch schon nicht unproblematische Friedensdenkschrift von 2007 ihre erste Bewährungsprobe zu bestehen hätte, wird sie nun also durch den Rat der EKD in die Tonne getreten und durch eine neue ersetzt.
Bereits der erste Satz des Vorwortes setzt den Maßstab für Peinlichkeit:
Kriegsdienst ist Nächstenliebe
Die EKD verabschiedet sich aus dem friedensethischen Diskurs
Uwe-Karsten Plisch
Rezension zu "Welt in Unordnung – Gerechter Friede im Blick | Evangelische Friedensethik angesichts neuer Herausforderungen | Eine Denkschrift des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland" Herausgegeben von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Leipzig, Evangelische Verlagsanstalt, 2025
Durch Hannover geht ein Beben. Der Rat der EKD hat, huch, festgestellt: (Die) Welt (ist) in Unordnung. Nämlich seit nur 1.000 km östlich von uns Russlands Krieg gegen die Ukraine tobt. Als Bush und Obama auch von Deutschland aus gesteuert ihren Drohnenkrieg führten, um gezielt (und manchmal auch eher ungezielt) Menschen zu töten, war die Welt offenbar noch in Ordnung, oder jedenfalls nicht so in Unordnung, dass es die EKD merklich gestört hätte. Ebenso, als sich Deutschland am völkerrechtlich mindestens bedenklichen Kosovo-„Einsatz“ beteiligte (Kriege führen auch in dieser Denkschrift immer nur die anderen) oder die „Koalition der Willigen“ den Irak ins Chaos bombte, von den vielen, oft auch nach eigenen Maßstäben bemerkenswert erfolglosen, Auslands-„Einsätzen“ der Bundeswehr ganz zu schweigen. Kaum, dass die auch schon nicht unproblematische Friedensdenkschrift von 2007 ihre erste Bewährungsprobe zu bestehen hätte, wird sie nun also durch den Rat der EKD in die Tonne getreten und durch eine neue ersetzt.
Bereits der erste Satz des Vorwortes setzt den Maßstab für Peinlichkeit:
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